Wortfindungsamt in Viersen

Das WORTFINDUNGSAMT war vom 16.09. bis 26.09.2011 zu Gast in Viersen.

Interaktives Kunstprojekt im öffentlichen Raum von Sigrid Sandmann - im Rahmen des Projektes Caravan und Satellit vom BBK Niederrhein.


Klare schwarze Schrift auf einer weißen Hartschaumplatte: ein Schild verwandelt die Ampel inmitten der Fußgängerzone in eine „Selbstschutzanlage“, ein anderes macht das Wartehäuschen am Busbahnhof zur „Zeitwohnung“, die Freiheitsstraße wird zur „Kunstkulturfreiheitsstraße“, ein Wegweiser deutet nicht mehr nur Richtung Venlo, sondern nach „Hamsterdam“. Sigrid Sandmanns „Wortfindungsamt“, welches vom 16.-21. September 2011 in Viersen im Caravan Station machte, hat deutliche Spuren hinterlassen.



Die Hamburgerin war auch in Viersen, wie Heinz Lohmann anlässlich der Eröffnung des ersten „Wortfindungsamtes“ 2010 in Hamburg-Ottensen beschrieb, „persönlicher Teil ihres Kunstwerkes" [1], als „Kunstbeamtin“ brachte sie sich aktiv ein, setzte sich mit den Menschen auseinander, die ihr temporäres Amt aufsuchten, zum „Wortbesteller“ wurden, ihr Wunschwort nach der Herstellung in der „Wortfindungsamt-Außenstelle“ in der Städtischen Galerie im Park später abholten, um es selbst im Stadtraum zu platzieren.

Zu festgelegten Öffnungszeiten empfing Sigrid Sandmann die Besucher auf dem Viersener Rathausmarkt, unmittelbar vor dem Stadthaus fügte sich ihr Amt nahtlos an die Stadtverwaltung an. Kulturdezernent Dr. Paul Schrömbges sorgte für die Verbeamtung der Künstlerin für die Dauer des Projektes. Am Wochenende zog der Caravan mit seinem Amt um mitten in die Fußgängerzone – ein bürgerfreundliches Amt, das zu den Menschen kommt, ohne die es nicht funktioniert.



Denn das Kunstprojekt hat einen interaktiven, prozesshaften Charakter. Sigrid Sandmann betont, dass die künstlerische Arbeit durch kollektive Interaktion im Ort und im Internet, wo die Fotos der Wortorte hochgeladen und von Beteiligten wie Unbeteiligten gesehen werden können, [2] sinnbildhaft die Bedeutung von Kommunikation im städtischen Leben aufzeigen soll. „Wir sind Teil einer Gesellschaft, die an der urbanen Entwicklung und Veränderung beteiligt ist […]. Mit meinem Kunstprojekt möchte ich möglichst viele Menschen zum aktiven Handeln auffordern, sich temporär im Stadtraum auszudrücken und sich so persönlich, aber auch im Kontext mit anderen in besonderer Weise wahrnehmen zu können. [3]

So war es ganz im Sinne der Kunstbeamtin, dass ganze Schulklassen den Weg ins Wortfindungsamt fanden. Die Worte der Jugendlichen wie „Chillstraße“ waren im stetig wachsenden Berg angefertigter Wortschilder ebenso zu identifizieren wie die Bestellungen der Literaturgruppe aus dem Seniorenheim. Sie orderte neben „Rievkook“ und „Flaabes“ das Schild „Briefbeschwerer“, welches dann wenige Tage später an der Rezeption des Hauses prangte. Auch das Wort „Schlamassel“ entstammte dieser Gruppe und gehörte zu den kritisch eingesetzten Begriffen, denn es wurde am Stadthaus angebracht, ebenso wie das „Stadtverplanungsamt“ oder die „Bananokratie“.

Heinz Lohmann hebt hervor, dass Kunst nicht Politik ersetzen kann. „Aber Kunst kann offene Räume schaffen, um gesellschaftlich zwingend notwendige Kommunikation realisieren zu helfen. Und Kunst kann durch Irritation neue Sichtweisen eröffnen und damit überkommene Denkschablonen aufbrechen. [4]

In Viersen ist dies gelungen, über 500 produzierte und platzierte Wortschilder – mehr als 200 sind bereits im Internet zu sehen – geben Zeugnis davon.

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[1] Heinz Lohmann: Kunst eröffnet Räume für gesellschaftliche Kommunikation. Rede zur Eröffnung des Kunst-Projektes „Wortfindungsamt“ von Sigrid Sandmann am 04.06.2010 in Hamburg-Ottensen im Rahmen der Altonale 2010
[2] www.wortfindungsamt.de
[3] Sigrid Sandmann: Ideenskizze „Wortfindungsamt“. Ein interaktives Kunstprojekt von Sigrid Sandmann. 2010
[4] Vgl. Anm. 1

Jutta Pitzen, 2012


Kooperation des Caravan in Viersen:
Die Kulturabteilung der Stadt Viersen in enger Anbindung an die Städtische Galerie im Park.


Das Wortfindungsamt auf dem Rathausmarkt in Viersen

So sehen die Worte dann aus - Viersen wird nicht wortlos sein...


10. Juli 2014

Alle Wortschilder, die bis zum 7. Juli nicht abgeholt wurden, habe ich an interessierte Personen ausgehändigt um sie im Stadtteil zu platzieren.

Das Wortfindungsamt ist geschlossen!!!